Immer mehr Menschen erhalten heute die Diagnose Typ-2-Diabetes. Eine gute Nachricht für die Betroffenen besteht darin, dass sie vieles tun können, um die Krankheit zu beeinflussen.
Vor allem bestimmte pflanzliche Stoffe zeigen in Studien erstaunliche Effekte auf den Blutzuckerspiegel. Einige davon kennst du aus der Küche, andere sind eher ungewöhnlich.
Wie Typ-2-Diabetes entsteht
Vor der Diagnose Typ-2-Diabetes gibt es fast immer eine längere Phase, in der die Zellen des Körpers immer schlechter auf Insulin reagieren.
Insulin ist das Hormon, das Zucker aus dem Blut in die Zellen schleust. Reagieren die Zellen nicht mehr richtig, bleibt zu viel Zucker im Blut.
Die klassische Behandlung besteht in einer Kombination aus Bewegung, Ernährungsumstellung und medikamentöser Therapie. Aber gerade die Ernährung ist ein Bereich, in dem man besonders viel selbst tun kann. Das bedeutet nicht nur, weniger Zucker aufzunehmen. Es geht auch darum, dem Körper Stoffe zu geben, die ihn bei der Regulierung des Blutzuckers unterstützen.
Klassiker aus der Küche
Beginnen wir mit ein paar bekannten Kandidaten: Zimt enthält Verbindungen wie Cinnamaldehyd, die die Insulinsensitivität erhöhen können. Ein halber Teelöffel Zimt pro Tag kann den Nüchternblutzucker senken. Wichtig dabei ist, hochwertigen Ceylon-Zimt zu verwenden, da er im Gegensatz zum günstigeren Cassia-Zimt weniger Cumarin enthält, eine Substanz, die in hohen Dosen die Leber belastet.
Auch Haferkleie spielt eine Rolle. Sie enthält Beta-Glucane. Das sind lösliche Ballaststoffe, die im Verdauungstrakt wie ein Schwamm wirken. Sie verlangsamen die Aufnahme von Zucker ins Blut und sorgen dafür, dass der Blutzucker nach dem Essen nicht so stark ansteigt. Ein warmes Frühstück mit Haferkleie, vielleicht verfeinert mit Zimt und ein paar Walnüssen, ist also besonders blutzuckerfreundlich.
Ebenfalls bewährt sind Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen oder schwarze Bohnen, weil sie viel resistente Stärke und Ballaststoffe enthalten. Dadurch steigt der Blutzucker langsamer an und man bleibt länger satt.
Bitterstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe
Chicorée, Endivie, Löwenzahn und Artischocken enthalten Bitterstoffe, die die Funktion von Leber und Bauchspeicheldrüse unterstützen. Letztere produziert das Insulin.
Nützlich sind auch sekundäre Pflanzenstoffe: bioaktive Verbindungen, die in Obst, Gemüse, Kräutern und Gewürzen vorkommen. Polyphenole, Flavonoide und Anthocyane wirken entzündungshemmend und antioxidativ. Sie können den Zuckerstoffwechsel positiv beeinflussen.
Dunkle Beeren wie Heidelbeeren oder schwarze Johannisbeeren sind reich an diesen Stoffen. Ebenso Kurkuma, das gelbe Gewürz aus der indischen Küche.
Exotische Pflanzen
Neben den Klassikern gibt es auch ein paar weniger bekannte Pflanzen, die erstaunliche Wirkungen entfalten. Eine davon ist Gymnema Sylvestre, eine Kletterpflanze aus Indien. In der ayurvedischen Medizin wird sie seit Jahrtausenden zur Behandlung von Diabetes eingesetzt. Die enthaltenen Gymnemasäuren hemmen die Zuckeraufnahme im Darm und regen gleichzeitig die Produktion von Insulin an.
Auch die Bittermelone (Momordica charantia) wirkt auf den Blutzucker. Sie enthält sogenannte Charantin-Verbindungen, die ähnlich wie Insulin wirken und die Aufnahme von Glukose in den Zellen verbessern. Allerdings ist der Geschmack für europäische Gaumen gewöhnungsbedürftig.
Cannabis als pflanzlicher Helfer
Cannabis ist nicht unbedingt die erste Pflanze, die einem in den Sinn kommt, wenn es um Diabetes geht. Doch bestimmte Inhaltsstoffe dieser vielseitigen Pflanze können für die Behandlung von Diabetes interessant sein. Das gilt vor allem für ein Cannabinoid mit dem Namen THCV (Tetrahydrocannabivarin), das in höheren Dosen den Appetit zügelt.
Viele Typ-2-Diabetiker kämpfen mit Übergewicht, Heißhungerattacken und einem gestörten Stoffwechsel. THCV könnte hier regulierend eingreifen.
Studien deuten darauf hin, dass Inhaltsstoffe von Cannabis den Blutzuckerspiegel senken und die Glukosetoleranz verbessern können. THCV scheint auch die Insulinempfindlichkeit zu erhöhen, ohne den Appetit zu steigern.
THCV-reiche Sorten
Der THCV-Gehalt in den meisten handelsüblichen Cannabissorten ist verschwindend gering. Klassische THC-lastige Sorten enthalten meist weniger als ein Prozent THCV. Es gibt aber spezielle Züchtungen für einen höheren THCV-Gehalt. Dazu gehören etwa Doug’s Varin, Pineapple Purps oder Durban Poison.
Diese Sorten können bis zu 15 Prozent THCV erreichen, was für medizinische Anwendungen besonders interessant ist. In den USA gibt es bereits Präparate, die reines THCV enthalten. In Europa steht die Entwicklung noch am Anfang.
Wer Cannabis als Ergänzung einer Diabetesbehandlung in Betracht zieht, sollte sich wegen der vielfältigen Wirkungen immer von einem erfahrenen Arzt beraten lassen. Auch die rechtliche Lage ist wichtig:
In Deutschland ist medizinisches Cannabis zwar nach ärztlicher Verschreibung zugelassen, aber man bekommt nicht ohne weiteres jede Sorte. THCV-reiche Züchtungen sind oft schwer erhältlich.
Ein ganzheitlicher Blick
So faszinierend einzelne Pflanzenstoffe sein mögen, sie sind kein Ersatz für eine gesunde Lebensweise. Wer Typ-2-Diabetes hat oder zur Risikogruppe gehört, sollte auf mehrere Säulen setzen: regelmäßige Bewegung, weniger Stress, ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und medizinische Behandlung. Wichtig ist auch, regelmäßig die Blutzuckerwerte zu kontrollieren und bei Bedarf mit dem behandelnden Arzt über Anpassungen der Medikamente zu sprechen.
Die Pflanzenwelt bietet ein großes Potenzial, das von Zimt bis Cannabis und von Haferkleie bis Gymnema reicht. Diese Pflanzen können die Zellen wieder empfindlicher für Insulin machen, die Bauchspeicheldrüse unterstützen oder die Zuckeraufnahme im Darm bremsen. In kleinem Rahmen können Diabetiker einige dieser Helfer als Tees oder Gewürze in den Alltag integrieren.
Neue Wege bei der Behandlung von Typ-2-Diabetes
Die Diagnose Diabetes verlangt ein Umdenken, bringt aber auch die Chance, einige Lebensgewohnheiten zu ändern. Die Pflanzenwelt kann sie dabei unterstützen, beispielsweise durch ein Zimt-Hafer-Frühstück oder einen Kräutertee am Nachmittag. Was medizinische Behandlungen betrifft, werden Heilpflanzen in Zukunft möglicherweise eine größere Rolle bei der Behandlung von Diabetes spielen.